Lang und Wechselvoll - die Geschichte Wroclaws

Wroclaw hat ein wechselvollere Geschichte als die meisten anderen Staedte auf der Welt. Es liegt in der Mitte Europas und war daher Schauplatz vieler kriegerischer Auseinandersetzungen und Machtkaempfe. Heute hat sich diese Stadt wie ein Phoenix aus der Asche des 2. Weltkrieges und des Kommunismus erhoben und ist wieder zu einem kulturvollen und lebhaften Handelszentrum geworden, wie auch schon in den Jahrhunderten davor.

Die ersten Siedler in dieser Region waren Mitglieder des slawischen Stammes der Schlesier (Silinger). Sie bauten eine Festung mit Marktplatz auf der Insel Ostrow Tumski, die heute keine Insel mehr ist, da ein Arm des Flusses Oder im Jahr 1810 aufgefuellt wurde. Spaeter ging dieses Gebiet in boehmischen Herrschaftsbezitz ueber. Aus dieser Zeit stammt wahrscheinlich auch der Name Wroclaw, naemlich vom boehmischen Fuehrer Vratislav, der die Stadt Vratislavia nannte. Erst um 990 erlangte Prinz Mieszko I, Piastkoenig und Gruender des ponischen Staates, Kontrolle ueber Wroclaw und integrierte die gesamte Region Schlesien in das polnische Reich. Der entsprechende polnische Name Vratislavias lautete Wrocislawa.

Bereits im Jahr 1000 hatte Wroclaw eine wichtige Position im Reich erlangt und Koenig Boleslaw der Tapfere richtete eine der drei Diozesen hier ein. Die anderen zwei befanden sich in Krakow und in Kolobrzeg. Die Ernennung zur Dioezese machte Wroclaw zum religioesen Zentrum Schlesiens. Bis zum Jahr 1241 gedieh Wroclaw praechtig, dank seiner Handwerkskunst und seines lebhaften Handels. Im Jahr 1241 aber wurde Wroclaw heimgesucht von pluendernden Tataren und dem Erdboden gleichgemacht. Ein aehnliches Schicksal ereilte fast das gesamte suedliche Polen.

Die Stadtvaeter nutzten die Gelegenheit um den Stadtneubau um einen gigantischen Markplatz als Zentrum herum zu gestalten und die gesamte Stadt an das suedliche Flussufer zu verlagern. Der beeindruckende Marktplatz ist noch heute als Stadtzentrum erhalten. Die ehrgeizigen Plaene gingen auf und Wroclaw war bald wieder ein bluehendes Handelszentrum. Im Jahr 1336 aber starb der letzte der Piastkoenige und das Herzogtum Schlesien fiel in boehmische Haende trotz der Versuche Koenig Kasimirs III. von Polen. Dies bedeutet, dass es 600 Jahre dauerte bis Wroclaw wieder polnisch wurde.

Wroclaw, das langsam auch unter dem Namen Pressla bekannt wurde, gedieh weiterhin praechtig. Im Jahr 1387 wurde Wroclaw in die Hanse aufgenommen, die groesste und wichtigste damalige Handelsvereinigung in Europa. Das 16. Jahrhunderte brachte grundlegende Veraenderungen mit sich, Koenig Ludwig starb ohne einen Erben zu hinterlassen. Der boehmische Staat waehlte daraufhin den Herzog Ferdinand von der oesterreichischen Linie der Habsburger zum Koenig. Damit war Wroclaw unter oesterreichische Herrschaft gelangt.

Die erste Haelfte des 17. Jahrunderts verlief weniger gluecklich fuer Wroclaw, der 30-jaehrige Krieg (1618-1648) und die Pest suchten die Stadt heim. Die Bevoelkerung Wroclaws wurde um die Haelfte reduziert. Nach diesen Turbulenzen erholte sich Wroclaw aber sehr schnell und wurde bald wieder zu einer prosperierenden Metropole fuer Handel und Kultur.

Das naechste Kapitel wurde im Jahr 1741 geoeffnet, Koenig Friedrich der Grosse eroberte Niederschlesien und brachte es somit unter preussische Herrschaft. Jetzt bekam Wroclaw offiziell den Namen Breslau (Pressla), der schon in den Jahrhunderten davor von der deutschstaemmigen und zahlenmaessig groessten Bevoelkerungsgruppe verwendet wurde. Die folgenden Jahrhunderte war Wroclaw unter preussischer Herrschaft und im 19. Jahrhundert war es bereits die drittgroesste Stadt Preussens, nach Berlin und Hamburg. Jetzt begann auch die intensive Industrialisierungsphase Wroclaws.

1933, nach der Machtergreifung Hitlers, verliessen die 20000 noch in Wroclaw lebenden Polen wie auch die Juden Wroclaw. Wroclaw war eine durch und durch deutsche Stadt geworden, sogar so sehr, dass es am Ende des 2. Weltkrieges zum letzten deutschen Bollwerk wurde. Hier wurde nach einer 14-woechigen sowjetischen Attacke die letzte Kapitulation des Deutschen Reiches am 6. Mai 1945 ausgesprochen.

Nach dem Krieg wurde Wroclaw auf Beschluss der Potsdamer Konferenz an Polen zurueckgegeben, tatsaechlich wurde ganz Polen westwaerts verschoben. Die uebriggebliebenen deutschen Einwohner wurden in die neuen deutschen Grenzen umgesiedelt und das Gebiet um Wroclaw von Polen aus den an die Sowjetunion verlorenen Gebieten Wilno (Vilnius) und Lwow (Lviv) sowie aus Warszawa und Poznan besiedelt. Die neuen Siedler, auch Pioniere genannt, erbten eine auslaendische, ihnen fremde Stadt, die zu 70% zerstoert war.

In den 60 Jahren nach dem Krieg wurde Wroclaw wieder aufgebaut. Die Stadt musste sich erholen vom Krieg und gleichzeitig versuchen sich trotz Unterdrueckung und Kontrolle durch das kommunistische Regime und die Sowjetunion zu entwickeln. 1989 wurden die ersten Wahlen in Polen abgehalten und das russische Regime abgewaehlt. Im letzten Jahrzehnt ist Wroclaw wieder zu einer quirligen Kultur- und Handelsmetropole aufgeblueht.

Comments

not shown
Joachim Kalt
Germany

Ich bin 1940 in Breslau geboren. Seit 2005 habe ich Breslau schon fünfmal besucht. Ich bin begeistert von der Entwicklung, die Breslau seitdem gemacht hat. Ich freue mich, dass die Breslauer inzwischen locker mit ihrer Geschichte und auch mit der deutschen Vergangenheit umgehen können. Ich habe kein Problem damit, dass die Stadt heute Wrozlaw heisst und zu Polen gehört. Ich nenne sie allerdings immer noch Breslau. Wir Deutschen sagen ja auch Warschau und nicht Warschawa.

Reply Nov 26th, 2017
mm
Germany

Geht man in der Geschichte weiter zurück so um 1000 n.Chr sind das heute annähernd die gleichen Grenzen Polens.

Reply Jun 17th, 2011
mm
Germany

Das Deutsche-Nationale vergisst oft das Preußen mehr als 200 Jahre zu Polen (Polen-Litauen) gehörte. Danzig eigentlich schon immer zu Polen. Seit dem Krieg mit den Kreuzrittern erst recht.(Der Kreuzritter Orden war ein Deutscher Orden das stimmt, der aber mehr aus verarmten Ritter aus ganz Europas bestand. Die nach dem verlorenen Land in Israel eine neue bleibe suchten. (Der Deutsche Orden unterstand dem Papst). Hier ein Deutsches Nationalbewusstsein zu suchen ist vergeblich. Die Erkenntnis eines Deutschen-Nationalbewusstseins hat erst um 1800 Luft bekommen. Was Wroclaw angeht: Naja man verlangt von den Zugewanderten heute, dass sie sich assimilieren, wobei das nicht mal "die Deutschen" konnten.

Reply Jun 17th, 2011
Hubertus
Germany

Schon vergessen, der Krieg und damit der Verlust Schlesiens ging von uns Deutschen aus.

Reply Jun 7th, 2011
G.D.
Germany

Preußen, Pommern und Schlesien sind jedem Recht zuwieder, von Polen annektierte Landesteile Deutschlands. Ein unerträglicher Zustand, bedenkt man nur, daß sich in diesen "polnisch verwalteten" Gebieten unter anderem die Marienkirche In Danzig, als größte Backsteinkirche der Welt, die Marienburg, als eine der beeindruckensten Burgen Deutschlands und das Breslauer Rathaus mit dem Ring als eines der schönsten mitteralterlichen Stadtensembles Deutschlands befinden ! Die Liste an wichtigsten deutschen Kulturgütern in diesen Landesteilen läßt sich endlos fortsetzen, vom reinen Wert Ostdeutschlands ganz zu schweigen, dieser liegt in Billionenhöhe ! Welcher Deutsche Bürger hat eigentlich der Abtretung Ostdeutschlands an Polen zugestimmt ? Außer Helmut Kohl kein Einziger und Kohl hat da offenbar etwas mißverstanden, denn Ostdeutschland ist nicht sein Privatbesitz, den er einfach mal verschenken kann, sondern es gehört nach wie vor dem deutschen Volk und nur das Volk selber kann es an irgendein anderes Land abtreten. Das aber, wird niemals geschehen, denn so einen Blödsinn würde kein Volk dieser Erde anstellen ! Dementsprechend hat das Bundesverfassungsgerich in 2 unabhängigen Urteilssprüchen festgestellt, daß das deutsche Reich mit der Kapitulation von 1945 nicht untergegangen ist, sondern bis auf den heutigen Tag, wenn auch mangels der entsprechenden Politiker, handlungsunfähig, in den deutschen Grenzen von wenigstens 1937 fortbesteht ! Das heißt, das das polnisch verwaltete Ostdeutschland zwar kein Teil der derzeitigen BRD, aber nach wie vor deutsches Reichsgebiet ist und das kann erst recht nicht von Politikern der BRD verschenkt werden, da es sich niemals um deren Zuständigkeitsgebiet gehandelt hat. Punktum. Es wird Zeit, diese katastrophalen Zustände endich wieder grade zu rücken. Deutschland hat auf allen Gebieten mehr als genug gebüßt, während die Aliierten sich jeglicher Verantwortung für den 2WK entziehen ! Es reicht uns endgültig ! EINIGKEIT und RECHT und FREIHEIT für das (ganze) deutsche Vaterland, danach laßt UNS ALLE streben, brüderlich mit Herz und Hand !!!

Reply Oct 14th, 2010
Wrocity
Poland

Yeah, it's not so easy to talk about nations, but it wasn't our fault. The Potsdam Treaty gave the new direction in Europe, we were happy to get a bit of ground to settle our own country. www.wrocity.eu

Reply Jun 28th, 2010
Germany

Die Silinger waren keine Slawen, sondern Germanen (gehörtne zu den Vandalen)

Reply Mar 20th, 2010
Peter Teutenberg
Germany

I think it is not possible to "shift" a whole country in any direction. These terms have only been communist inspired propaganda. Also polish nationalists took the chance for "reslawizacje" of eastern Germany. 1945 peace faced millions of German civilians with another step of violating human rights. However a new era of adventure of friendship and neighbourliness has begun..

Reply Sep 23rd, 2009