Der Anfang vom Ende des Kommunismus

Solidaritaet wurde 1980 auf den Danziger Werften als unabhaengige Gewerkschaft gegruendet. Sie war entscheidend am Fall der Sowjetunion beteiligt und der Anstoss fuer Polens Entwicklung vom unterdrueckten Satellitenstaat zu einem demokratischen Eu-Mitgliedsland. Der Solidaritaet wurde internationale Aufmerksamkeit zu teil, sie verbreitete antikommunistische Ideen und inspirierenden politischen Aktionismus im Ostblock. Die Bedeutung fuer den spaeteren Fall des Kommunismus in Ost- und Ostmitteleuropa kann nicht genug betont werden.

Der Zusammenhalt und der Anfangserfolg der Bewegung entstand nicht ueber Nacht, es war auch nicht das Ergebnis eines bestimmten Ereignisses oder einer bestimmten Sorge. Es war eher so, dass das Entstehen der Solidaritaet als politische Kraft von den politischen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Landes vorangetrieben wurde. Diese Schwierigkeiten aber hatten sich ueber mindestens eine Dekade entwickelt. Polens Mangelwirtschaft erschwerte das Leben der Menschen, es war unmoeglich Dinge des taeglichen Bedarfs zu kaufen, wie z. B. Brot oder Toilettenpapier. Selbst die ewig langen Warteschlangen vor den Geschaeften, waren selten von Erfolg gekroent. Im Juli 1980 war die polnische Regierung gezwungen die Brotpreise weiter zu erhoehen auf Grund einer neuerlichen Wirtschaftskrise. Gleichzeitig wurden die Loehne eingefroren. Das brachte das Fass zum Ueberlaufen und ueberall im Polen begannen die Arbeiter zu streiken. Dies alles geschah trotz des Fehlens einer Arbeiterorganisation.

In Danzig wurden die Arbeiter der Leninwerft zusaetzlich aufgebracht durch den Rauswurf von Anna Walentynowicz. Sie war ein beliebter Kranfuehrer und Aktivitist und zusammen mit dem vorherigen Rauswurf von Lech Walesa, einem offenen und unverbluemten Elektriker ruettelte das die Arbeiter wach. Der Streik begann am 14. August, angefuehrt von Lech Walesa, der im Namen der Arbeiter die Legalisierung von Arbeitergewerkschaften, die Errichtung eines Denkmals fuer die 80 im 1970er Streik brutal getoeteten Arbeiter und die Wiedereinstellung von Walesa und Walentynowicz forderte. Trotz der strikten polenweiten Zensur und dem Stoeren der Telefonverbindungen zwischen Danzig und dem Rest des Landes, gelang es einigen Untergrundzeitungen die Geschichte zu veroeffentlichen und so die Botschaft der Danziger Arbeiter in Polen und im Ostblock zu verbreiten. Am 16. August vereinigten sich andere Streikkommitees mit dem in Danzig und am folgenden Tag wurden 21 Forderungen des vereinigten Streikkommitees gestellt. Diese Forderungen gingen ueber lokale Fragen hinaus. Sie enthielten die gesetzliche Formierung von unabhaengigen Gewerkschaften, das Ende der Zensur, das Streikrecht, neue Rechte fuer die Kirche, die Freilassung politischer Gefangener und Verbesserungen im Gesundheitswesen. Die Zeitung der Bewegung, Solidarnosc, wurde zum ersten Mal auf der Werft herausgegeben, in einer 30000er Auflage.

Am 18. August begannen die Arbeiter des Stettiner Werft zu streiken und eine Reihe von Streiks an der Ostseekueste wurde entfacht. Innerhalb weniger Tage waren die Fabriken in fast ganz Polen geschlossen und mehr und mehr Arbeiterorganisationen gruendeten sich, so schlossen sich taeglich neue Gruppen der Danziger Bewegung an. Da die Situation in Danzig internationale Hilfe und Presse bekam, konnten sie laenger aushalten, als viele ihrer Streikkameraden. Die sojwetische Regierug Polens gab auf und schickte Gesandte nach Danzig, und am 3. Speptember wurde ein Vertrag, der die meisten der Arbeiterforderung umfasste, unterzeichnet. Dieser sogenannte Danziger Vertrag war der erste Schritt auf dem Weg das sowjetische Regime zu entmachten. Besonders das Recht Gewerkschaften ohne Kontrolle der Kommunistischen Partei zu bilden und das Streikrecht fuehrten zu einer verstaerkten Wahrnehmnung der Arbeiterprobleme. Einfache Menschen konnten so Aenderungen im kommunistischen Regime ausloesen.

Bestaerkt durch ihren ersten Erfolg gruendeten die Repraesentanten der Arbeiter, mit Lech Walesa an der Spitze, die erste nationale Gewerkschaft am 17. September. Damit war Solidaritaet, in polnisch solidarnosc, geboren. Es handelte sich um die erste unabhaengige Gewerkschaft im Ostblock und Solidaritaet versetzte Menschen in der ganzen Welt in Staunen. Keiner hatte geglaubt, dass so etwas in einem kommunistischen Regime moeglich sei. In Polen hofften Millionen von Menschen auf Veraenderung und suchten die Naehe zur Gewerkschaft. In den ersten 500 Tagen nach dem Danziger Vertrag schlossen sich 10 Millionen Leute, darunter Studenten, Arbeiter und Intellektuelle Solidaritaet oder einer ihrer Unterorganisationen, wie die Studenten-, Handwerker-, Bauerngewerkschaft usw., an. Mutig geworden schlossen sich ein Viertel der polnischen Bevoelkerung der Gewerkschaft an, etwas 80% der Arbeiter waren Mitglieder. Es war das erste und einzige Mal in der Geschichte, dass so ein grosser Prozentsatz der Bevoelkerung eines Landes sich freiwillig einer Organisation anschloss. Mit dieser breiten Unterstuetzung in Polen entwickelte sich Solidaritat langsam von einer Gewerkschaft zu einer ausgewachsenen Revolutionsbewegung. Sie nutzte Streiks und andere Protestformen um Regierungspolitik zu aendern. Eines war aber immer oberstes Gebot, Gewaltfreiheit, auch aus Angst vor eventuellen gewalttaetigen und brutalen Gegenaktionen und Reaktionen der Regierung.

Bereits im Dezember 1980 war das Denkmal fuer die im Streik getoeteten Arbeiter in der Danziger Werft errichtet. Im folgenden Monat trafen sich Lech Walesa und andere Solidaritaetsgesandte mit dem Papst Jan Pawel II in Rom. Nachdem 27 Solidaritaetsmitglieder in Bydgoszcz von der staatlichen Polizei angegriffen wurden, waehrend eines staatlich organisierten Nationalrates am 19. Maerz, trat ein Generalstreik, der ueber die Untergrundpresse angekuendgt wurde, in Kraft. Diese Aktion, der sich ueber eine halbe Millionen Polen anschlossen, brachte Polen zum Stillstand und war der groesste Streik in der Geschichte des Ostblocks. Die Regierung war gezwungen zu versprechen, den Vorfall in Bydgoszcz zu untersuchen und die internationale Presse zu informieren und berichten zu lassen.

Nach dem Danziger Vertrag erhoehte die Moskauer Regierung den Druck auf die polnische, die langsam die Kontrolle ueber ihre Bevoelkerung verlor. Die Sowjets setzten General Jaruzelski als Staatsoberhaupt ein und erwarten sich von ihm den Zusammenbruch der Solidaritaet. Am 13. Dezember 1981 erfuellte Jaruzelski die Erwartungen, indem er den Notstand ausrief und etwa 500 Solidariteatsmitglieder verhaftete, darunter Lech Walesa und andere fuehrende Koepfe. Die Zensur wurde erweitert und die Polizei kontrollierte die Strassen. Hunderte von Streiks fanden statt, wurden aber brutal niedergeschlagen von der Notstandspolizei. Es kam zu Toten bei Demonstrationen in Danzig und der Wujek Kohlegrube. Ende 1981 hatten die Streiks aufgehoert und Solidaritaet war schwer angeschlagen. Im Oktober 1982 wurde sie verboten. Die Polen schienen sich zu fuegen, aber die Hoffnung gaben sie nicht auf.

Nachdem die Fuehrung der Solidaritaet verhaftet wurde, entstanden mehrere neue Untergrundstrukturen, wie das Radio Solidaritaet und ueber 500 Untergrundveroeffentlichungen. Die Solidaritat ueberlebte die 1980er Jahre als Untergrundbewegung, aber sie hatte massive internationale Unterstuetzung, da das Ausland Jaruzelskis Tun verdammte. Keine andere Regierung in der Welt hatte solche Foerderer. Bekannte waren: Reagan, Thatcher, der Papst, Carrillo (Fuehrer der kommunistischen Partei in Spanien); NATO, Christen, westliche Kommunisten, Liberale, Konservative und Sozialisten. Alle drueckten ihre Unterstuetzung fuer die Solidariaet aus. Der US-Praesident Reagan fuehrte Sanktionen gegen Polen ein, die die polnische Regierung schliesslich zum Einlenken fuehrte. Die CIA und die katholische Kirche halfen mit Geld, Ausruestung und Ausbildung fuer die Untergundsbewegung. Und natuerlich unterstueten die Polen, das was von der Solidaritaet geblieben war. Sie versammelten sich zu Messen, die von Priestern wie Jerzy Popieluszko gehalten wurden. Er sollte spaeter ein Maertyrer werden.

Im November 1982 wurde Walesa aus dem Gefaengis entlassen, aber nicht einmal einen Monat spaeter verhaftete die Regierung 10000 Aktivisten. Am 22. Juli 1983 wurde der Notstand aufgehoben, aber schwere Einschraenkungen der Buergerrechte und der politischen Freiheit blieben bestehen. Auch die Essensrationierung blieb bis in die 1980er hinein erhalten. Am 5. Oktober wurde Lech Walesa mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet, obwohl die polnische Regierung versuchte ihn zu diffamieren und sich weigerte ihn nach Stockholm zur Verleihung fliegen zu lassen.

Als Michael Gorbatschov 1985 in der Sowjtunion an die Macht kam, war er gezwungen eine Reihe von Reformen auf Grund der immer schlechter werdenden wirtschaftlichen Lage durchzufuehren. Die Reformen beinhalteten auch politische und soziale Veraenderungen, die zu einer Politikveraenderung in den Sattelitenstasaten fuehrten. Auch in Polen wurden 100e politischer Gefangener freigelassen. Trotzdem wurden Solidaritaetsmitglieder weiterhin verfolgt und diskriminiert. 1988 wurde Polens wirtschaftliche Lage durch die auslaendischen Sanktionen und die Weigerung der Regierung Reformen einzufuehren so schlecht, dass die Lebensmittelkosten um 40% stiegen. Daraufhin erlebte Polen ein Streikwelle. Schliesslich erklaerte sich die Regierung am 26. August bereit mit Lech Walesa und der Solidariaet zu verhandeln. Lech Walesa versprach wenig glaubhaft die Streiks im Land zu beenden. In Vorbereitung fuer eine offizielle Verhandlungskonferenz mit der Regierung wurde ein 100-Mann starkes solidaritaetsinternes Kommitee gegruendet. Es war unterteilt in viele Gruppen, von denen jede bestimmte Forderungen gegenueber der Regierung vertreten sollte. Die Konferenz fand in Warschau vom 6. Februar bis zum 4. April 1989 statt und wurde bekannt als der Runde Tisch. Obwohl die Mitglieder der Solidaritaet keine grossen Hoffnungen auf grundlegende Veraenderungen hatten, sollten die Runder-Tisch-Gespraeche die politische Landschaft und die polnische Gesellschaft auf Dauer veraendern.

Am 17. April 1989 wure Solidaritaet wieder legal und die Partei durfte Kandidaten in den kommenden Wahlen stellen. Die Mitgliederzahl stieg wieder auf 1,5 Millionen an nach der Legalisering. Aber die kommunistische Partei gewaehrte nur maximal 35% der Sitze des Sejm (Parlament) fuer die Solidaritaet (auch, falls das Wahlergebnis besser sein sollte). Trotz der Aggressionen und der Propaganda von der herrschenden Partei, der eigenen beschraenkten Ressourcen und den Umfragen, die einen Sieg der Kommunisten verpsrachen, ueberrraschte Solidariaet sich und alle anderen mit einem hervorragenden Wahlergebnis. Solidaritaet gewann alle ihr verfuegbaren Sitze im Sejm und 99 der 100 Senatorensitze. Der neue Vertragssejm wurde also von der Solidaritaet dominiert. Wie vorher bestimmt, wurde Wojciech Jaruzelski als Praesident gewaehlt, aber der kommunistische Ministerprasidentskandidat erhielt nicht die erforderliche Mehrheit. Stattdessen waehlte der Sejm den Solidaritaetskandidaten Tadeusz Mazowiecki als Ministerpraesident. Mazowiecki war der erste nicht-kommunistische Ministerpraesident Polens seit 1945 und der erste im Ostblock seit 40 Jahren. Unter Mazowiecki wurde eine Solidaritaetsdominierte Regierung gebildet und nur Jaruzelski blieb vom altem Regime. Der Kommunismus in Polen war zusammengebrochen und nur wenige Monate spaeter sollte die Berliner Mauer fallen.

Der Fall des Kommunismus gab Solidaritaet eine Rolle, fuer die sie nicht vorbereitet war. Als politische Partei sah sie viele interne Machtkaempfe und einen Popularitaetsverlust. Walesa schied aus der Partei aus und erklaerte fuer die Praesidentschaft zu kandidieren. Im Dezember 1990 wurde er der erste vom Volk gewaehlte Praesident Polens. Die 1990er Wahlen zeigten erstaunliche Siege fuer die Antikommunisten und setzten eine Reihe friedlicher antikomunistischer Revolutionen in Ost- und Ostmitteleruopa in Gang. Dies fuehrte zume endgueltigen Fall des Kommunismus. Die baltischen Voelker schlossen sich der Solidaritaetsbewegung an und der Ruf nach Freiheit wurde laut in der estnischen Singenden Revolution und ihren litauischen und lettischen Entsprechungen. Das Beispiel der Solidaritaet, die tapfer der Unterdrueckung der Menschen entgegenstand, ermutigte die Ostblockvoelker zusammenzustehen und ihre Freiheit zu fordern. Weihnachten 1991 hoerte die UdSSR auf zu existieren und die frueheren kommunistischen Gebiete wurden wieder selbstaendige Staaten.

Heute ist die Rolle der Solidaritaet in der polnischen Politik wieder klein, die Bewegung ist wieder an ihren Wurzeln als Gewerkschaft angelangt. Heute hat sie ueber 1,1 Millionen Mitglieder und im Sommer 2005 feierte sie ihr 25-jaehriges Bestehen. Es war ein Besinnen auf den schwierigen Anfang und ein Feiern der Errungenschaften dieses Kampfes.

Comments

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Macht einfach weiter,besinnt euch auf das was euch einmal stark gemacht hat. Iàm from Gdansk,this is my hometown

Reply Jul 22nd, 2007